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Jonas Hellweg über Crowd Intelligence und Marktforschung

Die Crowd Intelligence – das sind 10.000 Mitarbeiter*innen der Telekom, die zu verschiedensten Themen befragt werden können und eine haargenaue Prognose abliefern. Wir haben mit Jonas Hellweg von T-Systems über die Vorteile und Einsatzmöglichkeiten der Crowd Intelligence gesprochen.

Jonas Hellweg,
People Experience Consultant bei der T-Systems MMS

Als People Experience Consultant bei der T-Systems MMS ist Jonas Hellweg in verschiedenen New-Work-Themen unter anderem für die Betreuung von Kund*innen und Weiterentwicklung der Leistungen im Bereich der Crowd Intelligence zuständig.

Jonas, wie würdest du die Crowd Intelligence jemandem erklären, der damit noch nie was zu tun hatte?

Die Crowd Intelligence ist grundsätzlich eine Form der Marktforschung, bei der wir eine große Anzahl an Mitarbeiter*innen der Telekom befragen, um Ideen zu generieren, Marktpotenziale zu bewerten oder Zielgruppen und Preise für ein Produkt oder eine Dienstleistung herauszufinden.

Hier habe ich drei große Optionen: zum einen die Ideation. Das heißt, ich sammle Ideen für Produkte, Dienstleistungen oder Innovationen, die die Crowd mir liefern kann. Zweitens kann ich meine Ideen in einem Pairwise Voting bewerten lassen und herausfinden, welche meiner Ideen die beste für den Markt ist. Zuletzt kann ich die Crowd für Social Forecasting nutzen, um beispielsweise den optimalen Preis zu finden, den meine Zielgruppe bereit wäre für das Produkt zu zahlen.

Bei einer normalen Marktforschung habe ich genau die Kund*innen bzw. Zielgruppen, die ich befragen will. Wir gehen einen anderen Weg. Wir wollen eine größere Anzahl an Personen erreichen, konkret um die 10.000 Mitarbeiter*innen. Hierdurch und durch die Ergänzung eines Gamification-Ansatzes* erhalte ich eine sehr genaue Prognose zu meiner Frage, einen Blick in Richtung Zukunft.

*Nutzer*innen können Telekom-Dollar auf die eigene Prognose setzen. Je näher die Prognose am Median der Gesamtcrowd liegt, desto höher ist der Gewinn. Des Weiteren nutzen wir Rankinglisten, um die Motivation der Mitarbeiter*innen zu steigern.

Welche Vorteile bringt mir die Crowd Intelligence als Start-up oder Gründer*in? Oder einfacher gefragt: Warum Crowd-Intelligence?

Die Crowd-Intelligence ist in erster Linie wesentlich kostengünstiger, schneller und flexibler als klassische Methoden der Forschung. Ich nehme mal ein Beispiel zur Hand. Wir haben als Telekom die Crowd gefragt: „Wie viel Geld würdest du als Fußballfan für gutes WLAN im Stadion ausgeben?“ Unser Management ist dabei von etwa einem Euro als Zielpreis ausgegangen. Das Ergebnis der Crowd? 3,90 Euro. 

Daraufhin wurde eine zusätzliche, klassische Marktforschung beauftragt, um sicherzugehen. Die Leute wurden hier also direkt vor den Stadien bei Bundesligaspielen befragt. Das ist nicht nur zeit- und kostenintensiver, sondern auch weniger flexibel. Ich muss zu den Stadien hinfahren, die Leute vor Ort befragen und bin davon abhängig, dass die Bundesligasaison aktuell stattfindet. Ergebnis der Marktforschung? 3,89 Euro. 

Hieran sieht man also sehr gut, dass die Ergebnisse der Crowd deckungsgleich mit denen einer klassischen Forschung sind, jene dabei aber wesentlich kostengünstiger, schneller und flexibler ist. Das Projekt wurde anschließend sehr erfolgreich in mehreren Stadien umgesetzt.

Stichwort Preisfindung: Nehmen wir an, ich möchte den optimalen Preis für meine Produktidee finden und dazu die Crowd befragen. Wie wichtig ist dabei auch eine professionelle Visualisierung, um eine möglichst präzise Prognose zu bekommen?

Unglaublich wichtig. Wenn ich als Start-up ins Social Forecasting gehe, um herauszufinden, wie viele Personen mein Produkt kaufen werden und zu welchem Preis, muss ich meine Fragestellung präzisieren können, um eine genaue Angabe bzw. Aussage zu erhalten.

Selbst wenn ich eine großartige Idee habe und mich in der Prototyping-Phase befinde, aber noch kein Bild habe, kann die Preisfindung eine ganz andere sein, als wenn ich es schon darstellen kann. Dabei gilt natürlich: Je greifbarer das Produkt aussieht, desto besser wird mein Ergebnis sein.

Wenn es dann auch noch nachhaltig ist, wird in der heutigen Zeit jeder darauf anspringen und 10-20 Prozent auf den Preis aufschlagen, den er eigentlich im Kopf gehabt hätte. Deshalb ist eine Darstellung unglaublich wichtig, um Teil dieser Beschreibung zu sein.

Auch kann ich über die Crowd natürlich das perfekte Produktdesign herausfinden. Anstatt das in ein Projektteam von 3-4 Leuten zu geben, warum nicht 10.000 Leute draufschauen lassen, um herauszufinden, wie ich das Produkt am ansprechendsten gestalten kann?

Wie würde so eine Umfrage nach dem perfekten Produktdesign denn ablaufen? Und wie kann ich die Crowd Intelligence noch nutzen?

Dafür eignet sich besonders das Pairwise Voting. Vereinfacht gesagt: das Tinder-Prinzip. Dabei werden verschiedene Vorschläge paarweise ausgespielt. Die Crowd muss dann entscheiden, welche der Optionen sie besser findet. Dadurch entsteht im Hintergrund ein genaues Ranking, das zu einer klaren Bewertung führt.

Für eine Werbekampagne zum Thema IoT und grüne Lösungen haben wir beispielsweise die Frage gestellt: „Welcher ist der beste Slogan, aus einer Ideation von etwa 100 Stück?“ Dabei wurden immer wieder ähnlich starke Paare an die Crowd ausgespielt. Ich bekomme also eher Rang 10 vs. Rang 11 angezeigt als z. B. Rang 1 gegen Rang 30. So wurden zuletzt praktisch nur noch die 10 besten Slogans ausgespielt, was am Ende zu einem klaren Favoriten führte.

Davon abgesehen kann ich die Crowd natürlich für jede mögliche Form der Marktforschung nutzen. Das umfasst auch standardmäßige Fragestellungen wie z. B. Multiple-Choice-Fragen. Das Spannende ist hier aber der Dreiklang aus Ideation, Pairwise Voting und Social Forecasting, den ich auch in dieser Reihenfolge nutzen kann, um Ideen zu generieren, diese bewerten zu lassen und anschließend eine genaue Prognose zu erhalten.

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